Stillen vs, Flasche

Ich beschäftige mich seit langer Zeit mit dem Thema: Stillen oder Flasche großziehen??.

In meinen Augen ist das ein sehr sensibles und turbulentes Thema. Die Meinungen gehen da sehr auseinander und unter Mütter entsteht gerne mal ein Krieg, gerade wenn es heißt:" Ich stille nicht, ich ziehe mein Kind mit der Flasche groß." 
Hiermit versuche ich beide Seiten zwischen Flaschenmami´s und Stillmami´s zu vermitteln und die andere Seite auch zu verstehen.

Ich habe zwei Kinder. Meine Tochter wurde von Anfang an mit der Flasche groß. Mein Sohn hingegen habe ich im ersten Lebensmonat gestillt und ihn danach auch mit der Flasche gefüttert.
Bei beiden Schwangerschaften habe ich mir natürlich auch die Gedanken gemacht, ob ich meine Kinder stillen möchte. Meine Tochter habe ich nicht gestillt, aus dem einfachen Grund;
mir wurde erzählt, dass stillen Allergien übertragen würde. Da ich mit meinem Heuschnupfen und meiner Neurodermitis gesegnet bin. Was allerdings überhaupt nicht stimmt und es zu einem späteren Zeitpunkt erfahren hatte, dass man mich in die Irre geführt hatte.

Als ich mit meinem Sohn schwanger war, da war ich von Anfang an sicher, dass ich ihn stillen will.
Ich habe mich wirklich darauf gefreut. Mit vielen Muttis habe ich mich ausgetauscht.
Zahlreiche Tipps habe ich mir geben lassen. u.a. Welche Still-Bh´s geeignet sind, welche Kleidung Vorteilhaft auch in der Öffentlichkeit wäre, über Milchpumpen und welche Stilleinlagen gut wären. Ich habe alles wie ein Schwamm aufgesaugt. Alle haben mir ein vorgeschwärmt wie toll das stillen wäre. Man hätte unterwegs keine volle und schwere Wickeltasche, man hat immer die Milch dabei. Es kostet nichts. Muttermilch kann man vielseitig verwenden z.B. einfrieren für besondere Notfälle, man kann davon ins Badewasser geben.  Es gibt eine besondere Bindung zum Baby.. Das wurde mir alles so toll erzählt, so wie man es auf Werbeplakaten von einer Mutter die ihr Baby sanft in den Armen hält und es stillt. Alles läuft chillig und gelassen ab. Genauso, wollte ich das auch!!!

Kurz nach dem mein Sohn auf die Welt kam, wurde ich wie jede andere frischgebackene Mutti vom Krankenhauspersonal gefragt, ob ich stillen möchte. Dies habe ich auch bejaht. Viele gehen davon aus, dass es eine Entlastung für die Krankenschwestern auf der Entbindungsstation wäre. Da Flaschenmamis ständig nach eine Pre-Nahrung klingeln und das Personal diese erst anfertigen müssen. Sowas raubt das den Schwestern deren Zeit.
Ich habe es anders gesehen. Wenn eine Mama ihr Baby stillt, darf sie nicht alles essen und trinken. Da gelten die gleichen Ernährungsregeln, wie in der Schwangerschaft auch. Das muss auch natürlich an die Küche weitergegeben werden. Auch was Medikamente anbelangt, muss das vorher abgeklärt werden. Also man wird nicht dazu gezwungen sein Baby zustillen. Man kann es auch von Anfang an mit Milchnahrung füttern.

Ich war nach der Entbindung drei Tage stationär im Krankenhaus gewesen. Mit dem stillen klappte es da sehr gut. Ich hatte während meines gesamten Krankenhausaufenthalts eine Stillberaterin gehabt. Sie hatte sich die Zeit für mich genommen und  mich des öfteren beim stillen meines Sohnes beobachtet und mir auch viele hilfreiche Tipps beim anlegen und der Ernährung gegeben.
Ich fand es super, dass jemand vom Personal sich diese Zeit nahm, um mir alles übers stillen von A bis Z aufklärte.
An für sich fühlte ich mich auch stark genug und selbstbewusst genug, nach meiner Entlassung meinen Sohn weiter zu stillen. Schließlich hatte ich keine Probleme gehabt und laut meiner Stillberaterin war auch alles super gewesen. Sie sagte zu mir, dass man bei mir annehmen könnte das ich eine gute Stillroutine in mir steckt. (dabei ist mein Sohn mein erstes Stillkind gewesen)

Die ersten Tage Zuhause verliefen zwar ungewohnt, aber recht ruhig ab. Ich hatte keine Probleme gehabt, wenn ich meinen Sohn gestillt hatte. Alles war wie im Krankenhaus auch ganz gut.
Ich habe es mir im Wohnzimmer und im Schlafzimmer mit meinem Sohn gemütlich gemacht und ihn in Ruhe gestillt. Nachts fand ich es sehr angenehm. Wenn mein Sohn um hunger schrie, dann brauchte ich ihn nur aus seinen Stubenwagen rausnehmen und in meinem Bett stillen. Ich brauchte nicht übermüdet in die Küche gehen, um ihn eine Flasche zu zubereiten. Es verlief "bequem" und angenehm ab. Was ich von meiner Tochter damals nicht kannte.

Beschwerden bzw. Entzündungen in den Brustwarzen machten sich bei mir schleichend innerhalb von drei Wochen bemerkbar. Man sagt, dass die Anfangszeit die schwierigste Phase was das stillen anbelangt wäre. Da werden die Brüste auf die harte Probe gestellt und man bräuchte dafür wirklich ein dickes Fell. Anfangs waren bei mir die Schmerzen zwar erträglich, aber dennoch unangenehm. Ich war in der Apotheke gewesen und habe mir diese Gel-Pads geben lassen. Es linderte zwar die Schmerzen, aber die Entzündungen blieben weiterhin. Je öfters ich meinen Sohn angelegt hatte, desdo schlimmer und schwieriger wurde es für mich.
Wenn ich andere Mütter oder auch meine Hebamme darauf angesprochen hatte, dann hatte ich das Gefühlt gehabt; es wird verharmlost. Als wäre es wie eine kleine Schnittwunde, welche von alleine wieder heilen würde. Irgendwie fühlte ich mich nicht richtig ernst genommen. So nach dem Motto;
da muss jede Mutter einmal durch, dass geht wieder vorbei.
Das fand ich schon etwas traurig. Denn man weiß nicht was man machen soll, was richtig oder falsch ist und man ist am verzweifeln.
Ich habe mir einen heißen gegoogelt, was ich noch machen könnte. Bei Eltern.de und andere Eltern-Portale konnte ich mir die Ratschläge holen, welche ich auch gerne in meinem Umfeld gehört hätte. Man riet mir andere Still-Bh´s aus anderen Materialien und größer kaufen, Stilleinlagen aus Seiden-Wolle, unzählige Brustwarzensalben (und es gibt sehr viele auf dem Markt). Ich war alle zwei Tage in der Apotheke und habe mir immer was anderes geben lassen. ua. auch diese Stillhütchen. Bei den ganzen Online Shops habe ich bewusst den Express-Versand mit zusätzlichen Kosten ausgesucht, damit ich so schnell wie möglich die Sachen da habe. Ich weiß nicht, wie viel ich dafür alles an Geld ausgegeben hatte, damit das stillen wieder besser klappt.
Aber die Schmerzen und die Entzündungen wurden nicht besser, sondern immer schlimmer.
Ich habe geheult und geschrien, wenn ich meinen Sohn angelegt habe. Ich hatte Angst gehabt, wenn mein Baby nach hunger schrie und ich ihn erneut anlegen musste.

Nach fast fünf Wochen merkte ich das mein Sohn von mir nicht richtig satt wurde. Beide Brüste habe ich ihn bei jeden anlegen gegeben und er schrie danach sofort vor lauter hunger. Eine dritte Brust habe ich nicht, die ich ihn hätte anbieten können. Selbst da wurde ich in meinem Umfeld nicht ernst genommen.
Da habe ich zuhören bekommen; Nur von der Brust wird das Baby natürlich satt. Das meinst du nur, dass er nicht satt wird. Dein Baby holt sich das was es braucht. Du gehst nicht ruhig genug an, lass ihn Zeit..
Aber doch nicht erneut alle 20 Minuten, nach dem ich ihn gestillt hatte? Und ich habe bestimmt eine gute halbe Stunde, wenn nicht sogar noch länger ihn gestillt. Ich selber kam gar nicht mehr zu Ruhe und mein Baby ebenfalls nicht, weil er andauernd ständigen Hunger hatte. Meinen Frust wollte niemand verstehen. Manchmal dachte ich, ich werde non stop fertig gemacht und wie es mir ergeht wird nicht verstanden.- Hauptsache mein Kind bekommt die Brust!

Also habe ich das ganze selber in die Hand genommen und ihn mit Pre Aptamil zugefüttert.
Das war für mich schon eine leichte Befreiung.Auch eine Wohltat. Zu einem wurde mein Sohn endlich gesättigt, was zwei Stunden anhielt. Meine Brustwarzen konnten auch mal pausieren und sich erholen. Dachte ich.
Die Schmerzen waren auch unter der Dusche unerträglich geworden. Jede Bewegung spürte ich die Schmerzen in den Brustwarzen.  Ich konnte einfach nicht mehr. Mir war nur noch nach weinen und schreien zu mute, da diese Schmerzen immer unerträglicher wurden.
Als meine Brustwarzen anfingen blutig und eiterig wurden, da wusste ich echt nicht mehr wie es noch weitergehen sollte. Ich schwankte zwischen aufgeben oder weitermachen. Meine Brustwarzen waren richtig ramponiert gewesen. Es tat nur noch weh. Innerlich sah ich nur eine Sackgasse. Das hatte mich auch selbst angeekelt, wenn ich meinem Baby eine eitrige, blutige Mahlzeit geben musste. Deshalb entschied ich mich wehmütig aufzugeben.
Mir war es bewusst gewesen, wenn ich aufgebe das es kein Zurück mehr geben wird. Aber von der Psyche her konnte einfach nicht mehr. Ich wollte einfach wieder Schmerzfrei sein, keine Angst vor meinen Sohn haben müssen, wenn er gestillt werden wollte.
Abpumpen mit der Milchpumpe wäre auch eine Option gewesen, womit ich mir Gedanken darüber gemacht habe. Nur mit den Schmerzen habe ich mich nicht mehr getraut wie eine Kuh an der Melkmaschine angeschlossen zu sein. Deshalb habe ich es gar nicht versucht.

Stillen ist in meinen Augen zwar nach wie vor was ganz tolles und was besonderes. Aber es hat auch seine Schattenseiten, welche kaum erwähnt werden. Vor allem das stillen auch ganz schön an die Psyche geht, psychischen Stress und Druck auslösen kann. Ich stelle mir jedes mal die Frage;
Warum wird man nicht von Anfang darüber aufgeklärt? Statt die Frauen ins offene Messer laufen zu lassen und denen das Schicksal zu überlassen. Sogar die WHO empfiehlt das Muttermilch das beste fürs Kind ist. Auf jeder Pre-Nahrung steht eine Gebrauchsanweisung mit den Mengenangaben, worauf man achten sollte. Warum kann sowas auch nicht fürs stillen geben?
Ich habe wirklich alles versucht, damit es wieder den normalen Gang erfolgt und ich schmerzfrei und einen gewissen Stolz meinen Sohn weiterhin stillen kann, Aber ich sah darin kein Ende.
Also habe ich die Reißleine gezogen.

Auch im Alltag war es nie so wirklich einfach gewesen.
Wenn ich den Haushalt machen oder für die gesamte Familie kochen wollte, dann hatte ich das Gefühl gehabt, dass ich eine Art Bremse am Körper hatte. Stillbabys werden nach Bedarf gestillt. D.h. es kann gerade gut gegessen haben, aber in der nächsten halben Stunde kann das Baby wieder erneut nach der Brust schreien. Das ist in mein Augen ein Teufelskreis der schlecht zu durchbrechen ist.
Unterwegs in der Stadt um mal schnell was einzukaufen, war es auch nicht immer einfach gewesen. Ausgiebig shoppen war in meinem Sinn auch nicht möglich.  Ich hatte immer innerlich gehofft und gebetet, dass mein Sohn bloß nicht in den Zeitraum wach wird, in dem ich unterwegs bin. Ich wusste nicht wie und wo ich ihn hätten stillen können. Separate Stillräume sind echt Mangelware. In Cafés und Gastronomen wird es gar nicht angeboten. Entweder wird man in die Toiletten verwiesen oder direkt rausgeschmissen. Egal ob man das Baby an der Brust mit einem Tuch verhüllt oder nicht.
Kurz nach dem ich mit Louis aus dem Krankenhaus entlassen worden bin, waren wir in einem Restaurant auf einer Hochzeit eingeladen gewesen. Als ich den Inhaber gefragt hatte, wo ich bitte mein Baby stillen darf, da hatte er mir die Toilette gezeigt was für mich ein absolutes no-go ist. Also bin ich mit meinem Sohn ins Auto gegangen und habe ihn dort versorgt. Anders sah ich keine Möglichkeit.

Dazu kommt es, das man muss aufpassen was man zu sich nimmt, damit es die Milchproduktion nicht hemmt. Man muss jedesmal bei jeden Arzt darauf hinweisen das man stillt, damit man Medikamente bekommt die auch für stillende Muttis geeignet sind.

Meine Vorstellung vom schönen stillen ist wie eine Seifenblase geplatzt.
Das es mich so psychisch fertig machen würde, damit habe ich nie gerechnet. Wenn ich andere Mütter sehe, die super ihre Babys ohne jegliche Probleme stillen können, dann werde ich ganz neidisch und dann denke ich mir; warum habe ich aufgegeben? Was habe ich falsch gemacht? So hätte das nicht von meiner Seite aus sein sollen.

Natürlich durfte ich mir auch entsetze Sprüche von anderen anhören, nach dem ich denen erzählt hatte das ich meinen Sohn nicht mehr stille. Wie schlecht es mir ergangen ist, dass hatte niemanden interessiert. Das mein Sohn die Muttermilch nicht mehr bekommt, dass fanden die meisten viel schlimmer.
Mir war es wichtig, dass es mit mir wieder Berg aufgeht sowohl psychisch als auch körperlich und das es auch meinem Sohn gleichzeitig gut geht. Die ganze Schwangerschaft über habe ich mich auf meinen Sohn gefreut, dass er gesund und munter auf die Welt kommt. Ganze neun Monate habe ich ihn unter meinen Herzen getragen.
Nur weil ich meinen Sohn nicht mehr stillen will bzw. kann, bedeutet es nicht das ich ihn weniger lieb habe. Wir haben auch eine besondere Bindung. Zwar nicht mit der Brust, aber beim schmusen schnuppern wir unsere eigen Gerüche und genießen es. Das ist wesentlich angenehmer, als wenn das Baby an einer ramponierten Brust mit Schmerzen saugt.

Leider bekommt man diese Art von Verständnis von wenigen. Meistens sind es die Frauen die dafür Verständnis haben, die das gleiche durchgemacht haben wie ich. Traurig, aber es ist leider die Wahrheit.
Ich würde mir wünschen, dass man mehr Verständnis und Trost auch den Stillmüttern bekommt. Anstatt nur Vorwürfe zu kassieren und diese Art von Problemen auch mehr ernst genommen werden.

Über ein Monat habe ich es durchgezogen. Geplant war mindestens ihn das erste halbe Jahr zu stillen. Aber es kam anders, als ich es mir gedacht und vorgestellt hatte. Des öfteren bin ich am grübeln, was ich hätte besser machen können oder wo bei mir der Fehler war. Da fallen mir zwei Dinge ein;
Entweder habe ich mir selber zu sehr psychischen Druck gemacht, oder ich habe von Natur aus empfindliche Brustwarzen. Eine andere Erklärung finde ich nicht.
Wenn ich noch ein weiteres Kind bekommen würde, dann würde ich wieder es mit dem stillen nochmal versuchen. Ob ich es länger durchziehen würde, dass kann ich nicht beantworten. Es hängt davon ab, wie es mir körperlich sprich den Brüsten geht.


















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